Es gab sogar Planungen für Olympische Winterspiele am 1.493 Meter hohen Feldberg. Heute locken vielfältige Schneeerlebnisse in den Hochschwarzwald.
Mit der Zeigerbahn schweben wir – eine kleine Dreiergruppe, zu der auch meine Alpinski-Recherchekollegin Carolin gehört – über die verschneite Passstraße. Der Sechser-Sessel ist eine der jüngsten Errungenschaften der Feldberger. Sie symbolisiert das stetige Zusammenwachsen von Baden-Württembergs höchstgelegenem Skigebiet. Wo einst die Gemeinden Todtnau, St. Blasien und Feldberg eigenständig drei Liftstationen entwickelten, ist jetzt „zusammengewachsen, was zusammengehört“. Aus dem Liftverbund sind die Feldbergbahnen geworden.
Oben am Feldberg erwarten uns mehrere Sektionen: die Seebuck-, Grafenmatt- und Fahler Lifte. Jede hat ihren eigenen Charakter und damit ihren skifahrerischen Schwerpunkt bewahrt. Manche Hänge sind vor allem für Anfänger, Familien und Genusscarver attraktiv, andere locken ambitionierte bis sportliche Skifahrer. Fünf Sesselbahnen und neun Schlepplifte erschließen das kleine aber feine Skiparadies zwischen dem Familienhotel Feldbergerhof und den sportlichen Pisten bei Fahl und bieten Wintersportlern 30 Pistenkilometer.
Ski-Weltcup in Baden-Württemberg
Wir folgen der Empfehlung, zunächst zur Talstation der Zeigerbahn abzufahren. Denn wir sind neugierig auf die Weltcuppiste in Fahl. „Das ist meine Lieblingsstrecke“, hat uns Julian Probst mit auf den Weg gegeben. Julian ist auf den Feldbergpisten groß geworden. Folglich kennt er das Skigebiet wie seine Westentasche. Seit Kurzem ist der dynamische Skifreak Geschäftsführer der Feldbergbahnen.
Die Weltcuppiste ist eines der Aushängeschilder am Feldberg. Auf gut 1,5 Kilometern geht’s vom Grafenmatt stolze 435 Höhenmeter überaus zünftig hinab nach Fahl. Vier Mal machte der Weltcuptross der Männer an der anspruchsvollen Riesenslalom-Strecke Station. Die geschichtsträchtige Piste war die erste komplett beschneite Abfahrt im Schwarzwald. Nach moderatem Beginn wird die Strecke fordernder. Bald hängt das Gelände, die Piste wird schmaler, um mit einem mustergültigen Steilhang an der Talstation der Ahornbühlbahn zu enden. Mit dem Vierersessel sind wir flott wieder auf 1.350 Meter Höhe.
Sportlich Skifahren am Feldberg
Das nächste sportliche Highlight ist das sagenumwobene Fahler Loch. Anfänger und weniger Geübte umfahren es auf der gut drei Kilometer langen Rothausabfahrt. Wir stürzen uns hinein ins steile Vergnügen. Je nach Schneebeschaffenheit verwandelt sich die Strecke von mittelschwer zur veritablen Buckelpiste für Feinschmecker.
Auch das Fahler Loch hat Skigeschichte geschrieben. In den 1930er-Jahren entstand hier ein hochmodernes Skistadion mit Sprungschanzen und „Torlaufstrecken“, wie man damals sagte. Wer genau hinschaut, erkennt noch das steinerne Fundament der Zuschauertribüne. Von hier gab es den besten Blick auf die Zieleinläufe der Rennstrecken und die landenden Skispringer.
Alpinski statt Skispringen
Nach dem Vorbild der Garmisch-Partenkirchener Olympiaschanze wurden hier drei Skisprungschanzen in den Hang gebaut. Ja, es gab Pläne, auch den Feldberg für spätere Olympische Winterspiele fit zu machen. Eine Eisenbahnstrecke über den Feldberg mit unterirdischem Bergbahnhof sollte errichtet werden – mit Verbindungen zum Bodensee, Richtung Schweiz und in die Rheinebene.
Es gab bereits ein Modell für das zu errichtende olympische Dorf. Aus all dem wurde nichts, denn das NS-Regime hatte damals andere Pläne. Rund 60 Jahre lang fanden auf der großen hölzernen Schanze im Fahler Loch noch internationale Osterskispringen statt. Sie galten als würdiger Saisonabschluss für die Skisprungelite. Danach verfielen Schanzen und Stadion. Heute beherrschen Alpinskifahrer das Bild.
Genusscarven auf der Sonnenseite
Auf der Sonnenseite der Feldberger Pisten bieten die Strecken am Seebuck das passende Terrain für Genusscarver. Wer hier Radien in den Schnee zaubert, hat nicht nur das Familienhotel Feldbergerhof vor den Skispitzen. Bei guter Sicht eröffnet sich ein toller Blick auf das Panorama der Alpen. Am Seebuck befindet sich neben dem Skischulgelände an der Passhöhe ein großes Ski-Kinderland. Bei Ganztagsbetreuung können die Kleinen auf den Parcours zwischen Zauberteppichen, Tipi & Co. spielerisch lernen, während die Eltern das Skigebiet erkunden.
Bereits mehrfach machte am Seebuck auch die Weltcup-Elite im Ski- und Snowboardcross Station, lieferte sich packende Rennen und lockt dabei Tausende Fans an. Klar, denn die Athleten bieten den Zuschauern im direkten Vierkampf auf der Strecke mit Steilkurven, Sprüngen und Wellen Ski-Action der Extraklasse.
Mehr als nur Skifahren am Feldberg
Der Feldberg bietet 16 Abfahrten aller Schwierigkeitsgrade in einer Höhenlage zwischen 950 und 1.450 Metern. Nach dem Sport trifft man sich entweder auf der Terrasse des „Südhangs“ am Ende der Grafenmatt-Piste oder schwingt am Seebuck ab zum Après-Ski an Schirmbar und Co. Die Georg-Thoma-Bar im Feldbergerhof bietet mit einer kleinen Ausstellung einen schönen Einblick in die Skigeschichte am Feldberg.
Als vom Wetter unabhängiges Angebot gibt’s die „Fundorena“. Die Indoor-Sportanlage bietet einen Trampolinpark, einen Hochseilgarten und eine Schlittschuhbahn. Im nahen Titisee-Neustadt lockt das großzügige Schwarzwälder Badeparadies mit Tropenflair. Im Haus der Natur finden wir neben einer Dauerausstellung jede Menge Informationsmaterial zu Aktivitäten im Schnee, denn auch wir sind variantenreich im Schwarzwald unterwegs, schließlich ist die Region auch bei Langläufern sehr beliebt.
Paradies für Langlauf im Schwarzwald
Ganz in der Nähe der Pisten erobern wir die Zubringerspur ins Loipennetz. Sie folgt dem sonnenreichen Panorama-Winterwanderweg hoch über dem Wiesental. Mit unseren Langlaufski kommen wir bald zur Todtnauer Hütte, eine der zahlreichen Berghütten rund um den Feldberggipfel, die mit Ski, Schneeschuhen oder teilweise auch zu Fuß zu erreichen sind.
Ging es bislang schleichend bergab, beginnt beim Abzweig zur St. Willhelmer Hütte der Aufstieg zum knapp 1.400 Meter hohen Stübenwasenrücken. Linkerhand entdecken wir einige zu Tal sausende Alpinskifahrer, die im Skigebiet Todtnauberg unterwegs sind. Der sonnige Höhen-Ferienort hat mehrere Schlepplifte, einen Anschluss ans Loipensystem und ist für ruhesuchende Wintergäste eine Alternative zum Wohnen direkt am Feldberg.
Winterurlaub zwischen Loipen und Pisten
Bergluft macht hungrig. Also machen wir und etliche andere Langläufer Rast im Berggasthaus Stübenwasen. Gut gestärkt gleiten wir über die Waldloipe hinüber und hinab zum Notschrei-Pass, dem Loipenzentrum. Gegenüber vom komfortablen Waldhotel befindet sich ein schneesicherer Hang mit Skischule, ideal also für langlaufende Eltern mit Alpin-Nachwuchs. Nicht weit entfernt bietet beim Wintercampingplatz der Wasenlift ein großes Anfängerterrain zum Üben. Und ein paar Meter weiter talwärts gibt’s in Muggenbrunn noch ein paar schöne Carvingpisten.
Vom Notschrei kommt man prima mit dem Bus zurück zum Feldberg, aber wir wollen dem Fernskiwanderweg weiter folgen, auf dem wir nun schon einige Kilometer unterwegs sind. Diese Megaloipe ist 100 Kilometer lang und verbindet die nordische Skihochburg Schonach im mittleren Schwarzwald mit dem Belchen im Süden. Beim Wiedener-Eck-Pass erreichen wir das nächste Skigebiet, kurz darauf das nächste Langlaufzentrum mit den Hohtann-Loipen. Nach kurzer Abfahrt landen wir direkt vorm urigen Gasthof Multen, dem Ziel des 100-km-Rucksack-Langlaufs um den Wäldercup. Nach einem Heißgetränk endet unser Langlauf-Ausflug im Bus zurück zum Feldberg.
Mit Schneeschuhen zum Gipfel
Da uns der Ruf des Schwarzwalds als vielfältige Wintersportdestination angelockt hat, steht tags darauf spontan die nächste Outdoor-Aktivität an. Nachdem wir im Haus der Natur ein Prospekt über die Feldberger Schneeschuhtrails entdeckt haben, buchen wir uns in eine geführte Tour ein und stapfen auf dem Trail den Wald hinauf. Es hat geschneit, die Äste der Tannen biegen sich unter der Last des frischen Schnees.
Von unserem Guide Stefan erfahren wir Interessantes über das richtige Verhalten im Bergwinter, über das selten gewordene und vom Aussterben bedrohte Auerwild. Stefan erklärt, dass seit dem Jahr 1937 ein Großteil des Feldbergs unter Naturschutz gestellt ist. Wir schnaufen bergan. Vor der Bergwachthütte genießen Bergretter die Wintersonne. In respektvollem Abstand passieren wir den ehemaligen Fernsehturm und erreichen bald die Seebuckwächte. Der Blick hinab zum tief unter uns liegenden Feldsee ist beeindruckend. Dort unten sammelte sich in einem kreisrunden Trichter einst das Gletscherwasser des Feldbergs.
Der erste Skifilm der Geschichte
In der Senke zwischen Seebuck und Mittelbuck entdecken wir in der Ferne ein paar junge Snowboarder, die sich das natürliche Gelände zunutze machen und in der Abgeschiedenheit waghalsige Sprünge fabrizieren. Wir wandern weiter, bis die mächtige Feldbergwächte vor unseren Schneeschuhspitzen auftaucht. Vor hundert Jahren stürzten sich tollkühne Skifahrer an solchen Wächten mit großen Sprüngen in die Tiefe. Der Sportfilmpionier Arnold Fanck verewigte hier die legendäre Sprünge: Im Jahr 1919 wurde am Feldberg der erste Skifilm der Welt gedreht! Heute ist von alldem nichts mehr zu sehen, denn Naturschutz und Lawinenrisiko unterbinden das lebensgefährliche Treiben.
Wir erreichen den 1.493 Meter hohen Feldberggipfel und genießen den Rundblick auf die umliegenden Gipfel. Im Süden wird die Kulisse durch die schneebedeckten Alpenketten gekrönt. Der Blick reicht von der bayerischen Zugspitze im Osten bis weit in die Schweiz zu den Bergen des Berner Oberlands. Etwas unterhalb des Feldbergs liegt die St. Willhelmer Hütte. Die Almwirtschaft hoch über dem gleichnamigen Tal ist prädestiniert für eine zünftige Vesper. Diese Pause haben wir uns redlich verdient.
Kulinarik im Schwarzwald
Und damit sind wir bei einem spannenden Thema: der Kulinarik. Getreu dem Motto „Global denken – regional essen“ muss es nicht immer Pizza, Pasta oder Schnitzel sein. Die badische Küche hat gerade für den Hunger zwischendurch einige feine Energiespender zu bieten. Flammkuchen beispielsweise, diese hauchdünnen Köstlichkeiten aus dem Backofen. Immer mit Käse und Zwiebeln, variantenreich ergänzt durch Speck, Grill- oder Grüngemüse – ganz nach Gusto. Oder wie wäre es mit einem rustikalen Wurstsalat? Badisch, schwäbisch, elsässisch oder schweizerisch, mal pur nur mit Zwiebeln, mal mit Rotwurst, mal mit dem einen oder anderen Käse. Ihrem Schinken haben die Schwarzwälder sogar ein eigenes Museum gewidmet, ganz nah bei den Pisten, im Feldbergturm auf dem Seebuck.
Die einheimische Küche bietet weitere bäuerliche Klassiker wie das Badische Dreierlei: Bibelis-Frischkäse mit Brägele (Bratkartoffeln) und Wurstsalat. Zum Schäufele mit Weinsauerkraut und Kartoffelstampf passt gut ein Viertele Gutedel. Die Reben gediehen im nahen Markgräflerland. Zum Dessert ist ein Stück echte Schwarzwälder-Kirschtorte fast schon obligatorisch. Deren Früchte werden zuvor in Kirschwasser eingelegt. Und vor dem Servieren gibt’s dann noch einige Spritzer davon aufs Kuchenstück. So wird die Sahnetorte zum Geschmacksfeuerwerk. Die Kirschen reifen gleich neben dem Wein in den Markgräfler Vorbergen des Schwarzwalds. Einen Überblick über Produkte aus der Region bieten spezialisierte Läden wie der Wäldergenuss-Landmarkt in Feldberg-Bärental. Ach ja, man kann es sich hier schon gut gehen lassen!
Winterwandern für Frühaufsteher
Daneben steht aber auch wieder sportliche Betätigung an, zumal die Schneeschuhe Lust auf mehr gemacht haben. In aller Herrgottsfrühe brechen wir auf zur Talstation der Belchen-Seilbahn. Bei völliger Dunkelheit, weit vor Einbruch der Morgendämmerung, schnallen wir die Schneeschuhe an. Guide Jörg verteilt Fackeln. Los geht’s! Zunächst marschieren wir ein kurzes Stück die Skipiste hinauf. Dann biegen wir ab in den Belchenwald, noch befinden wir uns im Schutz des Bergmassivs. Immer wieder schweift der Blick über die linke Schulter nach Osten. Wir können es kaum erwarten, die ersten Lichtreflexe zu erspähen. Aber noch ist tiefschwarze Nacht.
Kontinuierlich geht es bergan. Dann erkennen wir in weiter Ferne einen nur wenige Zentimeter breit scheinenden, tieforangen Streifen. Als schmales Band markiert er eine willkürliche Grenze zwischen zwei pechschwarzen Flächen. Himmel und Erde verlieren ihre Einheit. Behutsam taucht in der vom Sternenlicht kaum erleuchteten Finsternis als sanftes Licht ein Horizont auf, und es beginnt ein faszinierendes Schauspiel. Um uns herum ist es noch immer völlig finster. Bald brechen sich vereinzelte zarte Strahlen in den Schneekristallen und verbreiten einen minimalen, sanftroten Schimmer. Unsere Fackeln weisen den Weg. Während sich das Lichtband langsam verbreitert, verlischt das Firmament in der Ferne, und das Schwarz des Himmels verwandelt sich im Osten in permanent wechselnde Blautöne. Wir treten aus dem Wald heraus und erreichen das Belchenplateau.
Ein ewiger Sonnenaufgang am Feldberg
Jetzt peitscht ein eisiger Wind in unsere Gesichter. Die rohe Gewalt lässt die Fackeln verlöschen. Unser Blick fällt auf weite Schneeflächen. Sie reflektieren die kalten Farben des nahenden Lichts. Die „Blaue Stunde“ nimmt ihren Lauf. In der Ferne erkennen wir das spärlich beleuchtete Belchenhaus. Die Luft ist völlig klar. Im eisig-peitschenden Sturm stapfen wir zum 1.414 Meter hohen Gipfel.
Das Gesicht nach Osten zu wenden, kostet Überwindung; der eisige Wind bläst uns nun direkt entgegen. Aber es lohnt sich, denn jetzt taucht der strahlend helle Feuerball auf und beherrscht die Szenerie. Das mystisch-kalte blaue Licht der Dämmerung weicht der warmen Strahlung der aufgehenden Sonne. Auf einen Schlag ist die Nacht besiegt, die Temperatur scheint auf einmal um etliche Grad gestiegen. Scharf zeichnen sich am Horizont die Konturen der österreichischen Alpen ab, während im Süden die Schneemassen der Schweizer Alpen das Sonnenlicht reflektieren. Wir halten inne, haben den Wind beinahe vergessen.
Perfekter Hybrid-Urlaub
Dann steigen wir hinab zum Belchenhaus. Durch die Fenster strahlt die aufsteigende Sonne in die Gaststube. Die Wirtin hat ein Büfett vorbereitet. Es ist still, wir sind noch bewegt vom Naturschauspiel am Gipfel. Die meisten gleiten nach dem Frühstück mit der Seilbahn zurück ins Tal. Wer seine Ski im Auto hat, nutzt die Gunst der frühen Stunde. Mit der Gondel geht es die 262 Höhenmeter flott wieder hinauf zum Pistenstart.
Nach ein paar Runden über die mittelschweren Pisten lässt sich der Skitag bei einem frisch gezapften regionalen Bier an einem der schönsten Aussichtspunkte des Schwarzwalds beschließen. Denn gutes Bier brauen die Schwarzwälder bekanntlich auch – auf Wunsch gibt’s das natürlich auch alkoholfrei. Der Hochschwarzwald ist kein Revier für endloses Kilometerbolzen, sondern ideal für hybride Winterfrischen: Alpinski, Skilanglauf, Schneeschuhwandern – zwischen Feldberg und Belchen lässt sich alles verbinden und Vielseitigkeit erleben.
Weitere Infos zum Skigebiet gibt es im Artikel "Skigebiets-Check: Feldberg, Schwarzwald, Deutschland".