Das ist ja mal eine willkommene Abwechslung! Statt wie gewohnt mit dem Auto im Skiurlaub zum Hotel zu fahren, stehe ich mit meinem Gepäck an der Talstation und warte auf die Gondel. Denn heute bringt mich die Fiescher Bergbahn nicht nur hoch ins Skigebiet, sondern auch zum Hotel. So stehe ich hier mit Sack und Pack und merke, dass in der Aletsch Arena einiges anders ist. Das geht schon bei der Anreise ins Skigebiet los, die sich deutlich von der zu anderen Skiresorts unterscheidet.
Wie viele Skiorte in der Schweiz sind die drei Bergdörfer Fiescheralp, Bettmeralp und Riederalp autofrei, im Gegensatz zu den meisten anderen Destinationen, bei denen unsere Automobile draußen bleiben, liegen sie aber nicht im Tal, sondern deutlich höher am Berg und sind für Skitouristen daher nur mit der Gondel zu erreichen. Wer möchte, kann sogar direkt mit dem Zug in den Skiurlaub anreisen, denn die Talstationen der Kabinenbahnen ins Skigebiet sind mit dem Zug fast einfacher zu erreichen als mit dem Pkw, da die entsprechenden Bahnhöfe direkt an den Liftstationen liegen.
Mit der Gondel ins Hotel
Glücklicherweise wollen außer mir am späten Nachmittag nur noch wenige andere Skifahrer ins Skigebiet, und so kann ich allein mit meiner Skiausrüstung, dem Gepäck und meinem Fotoequipment eine der 10er-Gondeln besetzen, die mich zur Fiescheralp und somit direkt an die Skipiste bringt. Die Auffahrt gibt einem dann schon direkt einen ersten Eindruck, was die Besucher in der schweizer Aletsch Arena erwarten können. Auch wenn es langsam schon dunkel wird, kann ich die tief verschneiten Gipfel der umliegenden Bergwelt erkennen, die von der untergehenden Sonne in das dunkle Rot der Abenddämmerung getaucht wird.
Auf der Fiescheralp sind es dann nur noch wenige Meter Fußweg zum Hotel Alpina. Man muss dabei auf der Strecke lediglich auf die vorbeifahrenden Skifahrer achten. In der östlichsten der drei Alpen gibt es noch nicht einmal Wege für Fahrräder oder Pferdekutschen. Auf der Bettmeralp und Riederalp gibt es zwar Straßen, diese werden aber nur von Elektroautos befahren, die die Hotels, Restaurants und Einkaufsläden beliefern oder die Gäste in ihrem Skiurlaub von der Bergstation zum Hotel bringen. Nur vom berühmten Aletschgletscher, der dem Skigebiet seinen Namen gegeben hat, ist noch nichts zu sehen.
Skiurlaub im sonnigsten Kanton der Schweiz
Das soll sich aber am nächsten Tag ändern. Ich treffe mich morgens mit David Kestens, Sales Manager der Aletsch Arena, der mich auf einen Roundtrip über die rund 100 Pistenkilometer des Skigebiets mitnehmen will. Die Sonne strahlt schon morgens in die Arena, als wir mit dem Sessellift Talegga zur ersten Skiabfahrt des Tages starten. „Das Wallis ist der sonnigste Kanton der ganzen Schweiz“, erklärt David während der Fahrt zum Eggishorn, und die morgendlichen Sonnenstrahlen bestätigen seine Aussage direkt. „Davon profitieren wir in der Aletsch Arena besonders, weil die meisten Hänge im Skigebiet nach Süden ausgerichtet sind und wir daher von morgens bis abends die Sonne genießen können. Weil das Skigebiet aber recht hoch gelegen ist und bis auf rund 2.800 Meter hinaufreicht, muss man im Winter keine Angst vor aufgeweichten Pisten haben. So haben wir von November bis April fast immer optimale Bedingungen zum Skifahren.“
Davon können wir uns schon auf der ersten Abfahrt überzeugen. David will die Spannung noch hochhalten, und anstatt direkt zum Aletschgletscher-Aussichtspunkt zu fahren, starten wir zunächst ganz im Osten, um uns Hang für Hang und Lift für Lift über Fiescheralp und Bettmeralp bis in den Westen zur Riederalp vorzuarbeiten. Auch wenn es schon länger nicht mehr geschneit hat, sind die breiten Pisten perfekt präpariert, und wir genießen die ersten Schwünge auf der roten 83, die wir aufgrund der Lage am Rand des Skigebiets fast für uns allein haben. Hier passieren wir auch „Heidi’s Hütte“ kurz unterhalb der Bergstation des Heimatt-Sessellifts.
Sterneküche im Skigebiet
Heidi´s Hütte ist der beste Beweis, dass man von einem eher unscheinbaren Äußeren nicht immer auf den Inhalt schließen darf. 2018 übernahm Chefkoch Pietro Catalano die kleine Almhütte und verwandelte sie in ein Spitzenlokal, das schon kurze Zeit später von Gault&Millau mit 12 Punkten, also einer Haube, bewertet wurde. Nicht schlecht für eine kleine Hütte am Rande eines Skigebiets.
Edle Weine, Trüffel und lokale Spezialitäten bis hin zum 12-Gänge Menü werden hier für den skifahrenden Feinschmecker ebenso angeboten wie ein gemütliches Bier am Ende des Skitags. Leider hat „Heidi’s Hütte“ bei meinem Besuch wegen Corona die Küche geschlossen, sodass ich wohl erst beim nächsten Trip in die Aletsch Arena in den Genuss von Tomaten- und Trüffelfondue oder anderen kulinarischen Highlights kommen werde.
Faszination Gletscher
Also setzen wir unsere Erkundungstour durch die Aletsch Arena mit dem Sessellift Flesch fort. Unterhalb vom Eggishorn (2.926 m) und dem Bettmerhorn (2.858 m) führt mich David zur Bettmeralp, dem mittleren der drei Skiorte. Während die Fiescheralp mit einigen Après-Ski-Bars und Unterkünften für größere Gruppen eher ein Top-Tipp für ein jüngeres Publikum ist, ist die Bettmeralp, der größte der drei Skiorte, vor allem für Familien Skiurlaube geeignet. Hier findet man neben verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten und einem richtigen Dorfleben vor allem Ferienwohnungen, in denen man es sich gemütlich machen kann.
Dass die Bettmeralp vor allem Familien anspricht, zeigt sich auch an den überwiegend blauen und sehr breiten Pisten, die von der Fiescheralp hierherführen. Hier kann sich auch der Nachwuchs in der Halfpipe und im Snowpark austoben. Wir lassen diesen Punkt der Aletsch Arena heute aus und steigen stattdessen in die Bettmerhorn-Gondel, die uns endlich zum größten Gletscher der Alpen bringen soll.
Auch in der Aletsch Arena schmilzt der Gletscher
An der Bergstation Bettmeralp lassen wir erst einmal unsere Ski stehen und gehen zu Fuß das kurze Stück zum Aussichtspunkt, der auch das Ziel von vielen Winterwanderern ist, die sich von der Bettmeralp auf den Weg zum Aletschgletscher machen. Von dort haben wir zum ersten Mal einen Überblick über den größten Gletscher der Alpen, und ich für meinen Teil muss erst einmal ein paar Minuten innehalten, um mir das Ausmaß des Gletschers vorstellen zu können. Rund zwei Kilometer ist die größte Eisfläche an dieser Stelle breit. Insgesamt zieht er sich über rund 20 Kilometer von Jungfrau, Mönch und Eiger bis zur Aletsch Arena und noch etwas weiter. Über 800 Meter ist er an seiner dicksten Stelle tief und hat eine Oberfläche von rund 79 Quadratkilometern.
Dies sind die nackten Zahlen, unter denen man sich nur etwas vorstellen kann, wenn man sich selbst einen Eindruck verschafft. Dazu hat man wohl noch ein paar Jahre die Gelegenheit. Nur allzu viel Zeit sollte man sich nicht lassen, denn laut David Kestens soll der Gletscher zumindest bis zum Konkordiaplatz (2.850 m), an dem der Aletschgletscher aus dem Zusammenfluss vom großen Aletschfirn, dem Jungfraufirn und dem Ewigschneefeld seinen Ursprung hat, bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein.
Entspannung im Skigebiet im Gletscherblick
Schier endlos zieht sich die Zunge aus ewigem Eis in Richtung der 4.000er in der Jungfrau Region. Dabei übersieht man beinahe, dass man in der anderen Richtung einen fast perfekten Blick auf das Matterhorn, die nicht sehr spitze Dufourspitze und einige andere beeindruckende 4.000er des Wallis hat. Die Aletsch Arena ist einer der wenigen Skigebiete, an denen man diese Berge gleichzeitig, und der einzige Ort, an dem man zudem noch den größten Gletscher der Alpen sehen kann. Insofern lasse ich erst einmal die Kamera ein paar Minuten klicken, bevor noch eine Überraschung auf mich wartet.
„Es gibt fast nichts, was einen so sehr entspannt wie der Blick auf den Aletschgletscher“, sagt David. Aber eben auch nur fast. Daher komme ich nun in den Genuss einer einmaligen Yoga-Session mit Blick auf den Gletscher. Dafür verantwortlich ist Karin Bittel, die im Sommer unter anderem auch SUP-Yoga auf dem nahe liegenden Bettmersee anbietet. „Im Winter ist der See zu kalt und daher zu gefährlich, falls jemand vom Board fällt“, erklärt Karin. Also begnügen wir uns mit einer Yogamatte direkt an der Aussichtsplattform, und unter Karins fachkundiger Anleitung und begleitet von einem Raucharoma aus heimischen Kräutern und Blüten folgen eine Reihe von Dehn- und Entspannungsübungen, die nur hin und wieder durch den Blick auf den Aletschgletscher unterbrochen werden. Zugegeben: Ich bin bei der letzten Übung fast eingeschlafen, so entspannend ist die Mischung aus Sonnenschein, Bergpanorama, Gletscher, Yoga und Raucharoma. Also ziehen wir schnell die Skischuhe an, bevor wir das Skigebiet an dem Tag nur halb befahren.
Viel Platz und Ruhe im Skigebiet
Was nun folgt, ist vielleicht eine der Abfahrten mit den schönsten Aussichten der Alpen. Die rote Panoramaabfahrt 53 ist bestimmt nicht die schwierigste Abfahrt in unseren Breitengraden, aber wo sonst hat man auf der einen Seite immer wieder den größten Gletscher der Alpen, während man auf der anderen Seite immer wieder den Blick auf die höchsten Berge der Schweiz schweifen lassen kann? Zum Glück ermahnt mich David, am Ende der Abfahrt noch etwas Schwung zu nehmen, sonst hätten wir das letzte Stück der Panorama-Abfahrt, die recht flach ausläuft, schieben müssen.
Nun erreichen wir mit der Riederalp das letzte Bergdorf im Skigebiet der Aletsch Arena. Hier sind die zahlreichen Chalets und wenigen Hotels recht weit voneinander entfernt, sodass man keine Angst vor lauten Nachbarn haben muss. Wer im Skiurlaub lieber ein Dorfleben mit Einkaufsmöglichkeiten mag, sollte eher ein Chalet auf der Bettmeralp oder in den Dörfern im Tal buchen, die auch etwas günstiger sind, aber wer ein ruhiges Bergchalet sucht, wird hier fündig. Auch die Freerider haben hier mit der Route vom Riederfurka-Sessellift einen recht anspruchsvollen Hang, auf dem sie sich austoben können. Mir gefällt das andere Ende vom Skigebiet ebenfalls, weil zum einen wenig los und zum anderen der Hang mit der roten Piste 2 sehr abwechslungsreich ist, und Wartezeiten am Lift gibt es nicht nur in Corona-Zeiten kaum.
Ein Fachwerkhaus im Skigebiet
Hier fällt einem sofort auch eine alte Fachwerk-Villa auf, die mitten auf dem Berg steht. Seit über 100 Jahren steht die Villa Cassel in Riederalp und diente einst schon Winston Churchill als Urlaubsziel im Sommer, der die Aussicht und die gute Luft der Walliser Alpen genießen wollte.
Die Villa dient auch heute noch als Unterkunft für Skiferien, Exkursionen, Kurse und Naturcamps. Von hier aus kann man das nahe liegende Naturreservat Aletschwald besuchen, in dem jahrhundertealte Bäume stehen. Das ist aber nur im Sommer möglich. Denn seit dem Besuch von Churchill wurde zumindest an der Isolierung der Villa nichts geändert. Daher ist sie nur im Sommer für Gäste geöffnet. Ein Blickfänger und Fotomotiv ist die Villa Cassel aber auch gerade im Winter, wenn noch frischer Schnee auf dem Dach einen Kontrast zum dunklen Holz darstellt.
Abschied vom Skigebiet
Am anderen Ende des Skigebiets angekommen, muss sich David von mir verabschieden. Es ist auch langsam spät, obwohl wir noch bei Weitem nicht alle Pisten der Aletsch Arena abgefahren sind. Ich muss mich auch ein wenig beeilen, denn ich muss noch mindestens die Moosfluh und die Gondel zum Bettmerhorn erwischen, wenn ich von der Bettmeralp nicht zurück zur Fiescheralp laufen will. Wenn ich die Gondel verpasse, muss ich ins Tal und mit Bahn oder Skibus bis nach Fiesch und dann wieder mit der Gondel zur Fiescheralp fahren und verpasse den Sonnenuntergang über den Walliser Bergen. Und das wäre schade.