Unsere Blicke wandern langsam von links nach rechts, tasten das vor uns liegende Bergpanorama in seiner ganzen Pracht ab. Johannes zeigt mit seinem Finger geradeaus auf die Watzespitze (3.593 m), etwas weiter im Hintergrund sind die Ötztaler Alpen zu erkennen. Nach rechts schwenkend erhaschen wir Tiroler und Schweizer Bergrücken. Wir befinden uns auf der Aussichtsplattform Z1 unterhalb des Zwölferkopfes (2.596 m) im Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis. Ganz in der Nähe liegen die Bergstation der Schönjochbahn und der Crystal Cube, ein exponiert in den Hang gebauter Glaswürfel. Hier können bis zu acht Personen in außergewöhnlicher Atmosphäre dinieren. Der Cube zählt aufgrund seiner besonderen Architektur und Lage sicherlich zu den exklusivsten Restaurants der Alpenwelt.
An meinem ersten Skitag in den Osterferien bin ich mit Johannes unterwegs, einem der alteingesessenen Fisser. Johannes entpuppt sich als Sechser im Lotto. Er lebt mit seiner Familie schon immer in Fiss. Sie betreiben die Biopension Alpenheim, und in den Wintermonaten ist Johannes zusätzlich als Skilehrer und Skiguide unterwegs. Mit seinem Wissen rund um die Geschichte des Skigebietes und die aktuellen Herausforderungen gewährt mir das Tiroler Urgestein tiefe Einblicke in die Region. Eine optimale Tagesbegleitung! Dank der exponierten Lage der Plattform erhalte ich einen sensationellen Überblick über die Südseite und somit nahezu über das gesamte Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis. Schnell wird klar: Das Skigebiet ist gigantisch groß, es gibt einiges zu entdecken. Unter uns breiten sich der Ort Fiss und seine oberhalb gelegenen Pisten aus. Weiter rechts liegt Serfaus, zu erkennen: der Masnerkopf; links, etwas versteckt hinter dem Schönjöchl, das Skigebiet Ladis. Die Pistenwelt der Fisser Nordseite ist von diesem Aussichtspunkt nur im Ansatz zu erkennen, wird aber in dieser Skiwoche meines Winterurlaubes eine besondere Rolle spielen. Doch dazu später mehr.
Tradition trifft auf Moderne
Gestartet sind wir am ersten Morgen meines Winterurlaubes an der Talstation der Schönjochbahn. Die Station liegt an einer Art Gondel-Verteiler-„Bahnhof“ etwas oberhalb des charmanten Fisser Ortskerns. Tradition trifft hier auf durchdachte Moderne. Rund um die Schönjochbahn gibt es gleich mehrere Gondelstationen. Von hier verteilen sich die Gondeln in verschiedene Himmelsrichtungen. Dort ist zudem der Treffpunkt für zahlreiche Skikurse. Nach Können aufgeteilt, geht es entweder hoch in die Pistenwelt oder per Sonnenbahn-Gondel Richtung Bertas Kinderland mit den dortigen Anfängerhügeln. Es verteilt sich unglaublich schnell, kaum Wartezeiten trotz großen Andrangs. Die Region Serfaus-Fiss-Ladis eignet sich optimal für einen Winterurlaub mit Kindern.
An diesem zentralen Platz in Fiss läuft somit alles Wichtige für Skifahrer zusammen. Es lassen sich Tickets erwerben, in einem Skidepot können Ski und Schuhe aufbewahrt werden, und am Nachmittag werden im Après-Ski-Restaurant Hexenalm Hüfte und Skischuhe geschwungen sowie Hunger und Durst gestillt. Meiner Tochter und mir dient die Hexenalm in der gesamten Skiwoche als Anlaufstelle für einen Mittagshappen und als Treffpunkt. An drei unserer sechs Skitage besucht sie die bekannte Fisser Skischule, die anderen Tage sind wir gemeinsam unterwegs. Gerade für Anfänger hat sich die Skischule in Fiss, auch dank einer Skilehrerin namens Eva Stark, einen überregional bekannten Namen machen können. Von Eva habe ich während meines Aufenthaltes auch einiges über das Skischulkonzept erfahren.
Schneesichere Pisten
Nachdem Johannes und ich ausreichend die Pisten- und Alpenwelt von Serfaus-Fiss-Ladis bestaunt haben, nimmt unser gemeinsamer Tag rasant an Fahrt auf. Die Pistentipps des Skiguides sind auch für meine restliche Woche Gold wert. Johannes hat einen schlauen Streckenparcours ausgearbeitet. Und so carven wir zunächst die Frommesabfahrt hinunter. Ein Highlight direkt als erste Abfahrt. Sieben Kilometer, breite Pisten – Skiherz, was willst du mehr? Diese Abfahrt zählt mit zu den schönsten des gesamten Skigebietes und kann zudem auf dem Weg ins Tal nach Fiss kulinarisch unterbrochen werden. Unten abgekommen, geht’s weiter Richtung Mittlerer Sattelkopf, von dort wieder ins Tal, um erneut den Berg per Schönjochbahn zu erklimmen. „Wir sollten bis zum Mittagessen die Südseite so weit wie möglich abgefahren haben“, so Johannes. Gesagt, getan. Wir ballern kreuz und quer über die breiten, meist roten Pistenautobahnen der Fisser Skiwelt. Trotz des rasanten Skistils – auf so weitläufigen Pisten ein Traum – ist es für das Skigebiet rund um Serfaus für den heutigen Tag zu spät. Nach einer kurzweiligen Pause mit weiteren Anekdoten aus seiner Zeit als Mitglied des Synchronski-Teams, mit einem Höhepunkt als WM-Dritter in Vail, Colorado, im Jahr 2000, schwingen wir uns wieder auf die Bretter. Das Ziel für den Nachmittag: die Nordseite.
Nordseite gleich Schattenseite. Diese Schneeweisheit verbessert unseren Skiurlaub enorm. Morgens kurz über die Pisten auf der Südseite, dann zügig rüber, das wird in der Folge die tägliche Fahrroutine bei unserem Besuch. Und die Nordseite hat einiges zu bieten. In der Mitte des Bergrückens eine breit angelegte Pistenautobahn, die mich sofort an die Weite amerikanischer Pistenlandschaften erinnert. Entspannt nebeneinander carven, trotz eines ausgebuchten Skigebietes. Selten habe ich an Ostern in den Alpen so ungestört meine Schwünge ziehen können. Links und rechts davon weitere bestens präparierte schneesichere Pisten.
Startpunkt auf der Nordseite ist zumeist das Schönjoch. Von dort verteilen sich die Skifahrerströme auf Pisten der unterschiedlichsten Schwierigkeitsgrade. Von schwarz bis blau, hier findet jeder die für sein Fahrkönnen ideale Abfahrt. Hinzu gesellen sich mit Attraktionen wie Funpark und einer Speedstrecke spaßige Pistenvarianten. Ein weiteres Pisten-Highlight der Region serfaus-Fiss-Ladis: die Pisten am Zwölferkopf. Bestens präpariert geht’s in wenigen Minuten von rund 2.600 Metern den Hang Richtung Schongampalm auf 1.882 Metern. Entlang der Hauptpiste laden kleine Hüttendörfer mit Holzliegen oder Hängematten zum Verweilen ein. Wer weniger Lust auf eigene Semmeln hat, den lockt die am unteren Ende gelegene Zirbenhütte mit traditionellen Tiroler Speisen und hervorragender Bier- und Weinkarte. Ein Besuch der Hütte mit seiner weit auslaufenden Sonnenterrasse während des Skiurlaubs erweist sich als absolut lohnenswert. Auch die höheren Preise der Hütte lassen sich durch die regionale und gute Qualität des Essens rechtfertigen.
Lohnenswert trotz warmen Wetters
Skifahren in der Woche vor Ostern? Gewagt, denn das Kirchenfest lag Ende April 2022 recht spät in der Wintersaison. Für Skifahrer heißt das: suchen nach einem möglichst schneesicheren Winterurlaubsrevier. Mit einer Höhe von knapp 1.400 bis 2.800 Metern lässt sich mit dem Skigebiet am Fuße der Samnaungruppe jedoch recht gut planen. Sollten die tiefer gelegenen Pisten nachmittags aufgrund von Sulz nicht mehr befahrbar sein, kann auf höher gelegene Abfahrten ausgewichen werden. Hinzukommt, dass etwa 80 Prozent der Pisten mit Kunstschnee beschneibar sind. Unser Fazit nach einer tollen Skiurlaubswoche in Österreich fällt dementsprechend positiv aus: Auch spät im Frühjahr ist das Familienskigebiet Serfaus-Fiss-Ladis eine lohnenswerte Adresse für tolle Pistentage.