Wir träumen doch alle von Skitouren in den endlosen Weiten der hohen Gebirge, von unberührten Schneefeldern und dem Blick auf das majestätische Bergpanorama, mit dem man vom hart erkämpften Gipfel einer Skitour belohnt wird. Für solche Erlebnisse muss man hoch hinaus. Sehr hoch sogar. Und nicht selten droht hier eine Gefahr, die man beim Gedanken an Lawinen und Gletscherspalten nicht unbedingt im Kopf hat. Denn auch die Höhe kann einem zu schaffen machen. Und die Gefahren, die einem durch die große Höhe drohen, sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das gilt auch für die Alpen, obwohl die im Vergleich zu den höchsten Bergen der Erde ja vergleichsweise niedrig sind.
„Auch in den Alpen besteht nachweislich die Gefahr einer Höhenkrankheit", sagt Martin Schmidt. Der staatlich geprüfte Ski- und Bergführer ist als Mitglied im Bundeslehrteam Bergsteigen des DAV in großer Höhe beinahe zuhause und hat hier schon einige Fälle erlebt. „Man sagt, dass die Gefahr ab einer Höhe von rund 2.500 Metern besteht und mit jedem weiteren Höhenmeter zunimmt.“ Ab dieser Höhe muss man vorsichtig sein und sich lieber etwas Zeit nehmen, um sich zu akklimatisieren, sprich, sich an die Höhe und den niedrigen Sauerstoffgehalt in der Luft zu gewöhnen.
Vorboten der Höhenkrankheit
Vorboten einer drohenden Höhenkrankheit sind vor allem eine beschleunigte Atmung, weil der Körper versucht, an Sauerstoff zu kommen. Zudem ist man schneller erschöpft und weniger belastbar. „Das wird dann aber mit zunehmender Akklimatisierung besser“, beruhigt der Berg- und Skiführer.
Der mangelnde Sauerstoff in der Atemluft ist die Ursache für die so genannte Höhenkrankheit oder auch AMS (acute mountain sickness). Typische Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel, Schwäche, Leistungsabfall, Appetitlosigkeit bis zu Übelkeit und Erbrechen. Zusammengefasst geht es einem ziemlich mies und mit jedem Schritt geht es einem schlechter. Gerade bei körperlicher Belastung und einem gesteigerten Sauerstoffbedarf wie beim Skitourengehen neigt man daher eher zu einer Höhenkrankheit.
Was hilft gegen die Höhenkrankheit?
Grundsätzlich kann man nicht wirklich etwas gegen die Höhenkrankheit machen. Es gibt zwar Medikamente und Prophylaxe, aber die werden in der Regel nur auf Expeditionen und in Rettungssituationen eingesetzt, wenn ein Team zur Rettung verunglückter Bergsteiger schnell aufsteigen muss. Helfen wird nur die die Akklimatisierung und wirklich geschützt ist ohne Akklimatisation oder Gewöhnung nicht einmal ein Bergführer, wenn er sich nicht richtig vorbereitet hat. „Ich hatte einmal eine Höhenkrankheit, weil ich ohne Vorbereitung sozusagen von null auf die Dufourspitze (4.634 m) wollte", erinnert sich Martin. „Das war keine so gute Idee. Auf rund 4.200 Metern hat es mich dann ziemlich zerlegt und ich musste wieder zurück ins Tal.“
Aber genau das ist der Punkt. Wenn man einmal Symptome hat, bleibt einem nichts anderes übrig, als wieder abzusteigen. Normalerweise wird es dann auch mit jedem Schritt talwärts schnell wieder besser, weil der Organismus wieder mehr Sauerstoff bekommt. Teilweise reicht es auch schon, eine längere Pause zu machen und viel zu trinken, bis man sich wieder besser fühlt. Das gilt gerade bei einer längeren Höhentour mit mehreren Etappen, bei der man zwischen zwei Stationen sozusagen gefangen ist. Mit Gewalt sollte man auf keinen Fall weitergehen, sonst drohen gravierende gesundheitliche Schäden.
Ohne HACE und HATE auf Skitour
Eine ganz schlechte Idee ist, sich ein paar Schmerztabletten einwerfen und dann weiterzugehen. „Bei der AMS drohen zwar keine Gefahren und man wird nicht dran sterben, aber wenn man weiter und vielleicht sogar noch höher hinauf geht, kann sich aus der AMS eine HACE und HATE entwickeln", sagt Martin. HAPE ist ein High Altitude Cerebral Edema, also ein höhenbedingtes Hirnödem und HAPE ein High Altitude Pulmonary Edema, also ein Höhenlungenödem, bei dem die Sterblichkeitsrate bei rund 40 Prozent liegt. Damit in den Alpen so etwas auftritt, muss man sehr viel Pech haben, es ist aber ein guter Grund, die Höhenkrankheit nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und trotz Übelkeit und Schwäche weiter aufzusteigen. Außerdem ist man sowieso nicht mehr wirklich einsatzfähig und muss nun doppelt aufpassen, um nicht zu stürzen.
Um sich auf eine Höhentour oder einen hohen Gipfel gerade zu Beginn der Saison vorzubereiten, ist es daher wichtig, die Schlafhöhe anzupassen und den Körper grundsätzlich an die Höhe zu gewöhnen. Die erste Nacht beispielsweise auf rund 1.800 Meter, die zweite auf 2.500 und dann auf 3.000 Metern und am Tag leichte Skitouren, ohne sich dabei komplett zu verausgaben, ist eine gute Methode, um der Höhenkrankheit vorzubeugen. Das ist auch ungefähr das Programm, das man als Vorbereitung für die Besteigung des Mont Blanc absolviert.
Nur fit auf Skitour
Es kommt natürlich noch darauf an, auf welche Höhe man aufsteigen möchte. Je höher man hinauf möchte, desto länger dauert die Akklimatisation und desto höher sollten die Übernachtungen liegen. Bei den Skitouren sollte man dann darauf achten, deutlich höher als die Schlafhöhe zu kommen. Man bekommt vom Körper zwar keine richtige Rückmeldung, ob man ausreichend akklimatisiert ist, aber normalerweise merkt man bei den leichten Skitouren schnell, ob man sich fit fühlt. Ansonsten gilt natürlich immer, auf seinen Körper zu hören und sich nicht zu überanstrengen.
Auch wenn man einmal gut akklimatisiert ist, ist das leider kein Dauerzustand, sonst hätten auch Bergmenschen wie Martin Schmidt keine Probleme mit der Höhenluft. Das Gemeine ist, dass die Gewöhnung nach rund zwei Wochen wieder abgebaut ist und man den Organismus auf die nächste Höhentour wieder neu vorbereiten muss. Es gibt in Studien zwar Anzeichen darauf, dass der Körper sich schneller anpasst, wenn man viel in der Höhe unterwegs ist, aber die Effekte verschwinden bei allen leider über kurz oder lang wieder.
Sauerstoffdichte nimmt ab
Die körperlichen Voraussetzungen spielen bei der Entstehung der Höhenkrankheit keine Rolle. Es trifft Menschen mit viel Muskelmasse ebenso wie dicke, dünne, alte oder junge. Auch Menschen, die in den Bergen geboren werden, können von der Höhenkrankheit betroffen sein, wenn sie den Körper nicht regelmäßig an die dünne Höhenluft gewöhnen.
Dass der Sauerstoffgehalt in Höhenluft geringer wird, stimmt dabei nicht ganz. Durch den abnehmenden Luftdruck nimmt auch die Sauerstoffdichte in der Luft ab, wodurch der Körper ein entsprechendes Defizit bekommt.
Gefahr auf Skitour durch die Sonne
Eine weitere Gefahr, auf die man achten muss, ist die UV-Strahlung, die in großer Höhe nicht mehr so gut durch die Atmosphäre gefiltert wird. Daher sollte man vor allem die Augen durch eine gute Gletscherbrille mit Schutzfaktor 4, am besten mit Seitenwangen, schützen, damit auch seitlich keine UV-Strahlen ans Auge gelangen können. Sonnencreme und Lippenschutz mit UV-Schutzfaktor gehören ebenfalls zur Grundausstattung, da die Lippen in der Höhe auch leicht austrocknen.
„Durch die Strahlung in der Höhe sollte niemand ohne Kopfbedeckung unterwegs sein", sagt der Bergexperte. „Denn die Sonnenstrahlung kann nicht nur Sonnenbrand, sondern auch einen Sonnenstich verursachen, weil die Strahlung die Kopfhaut reizt.“ Ein Sonnenstich ist also eine Hirnhautreizung. Typische Symptome hierfür sind Kopf- und Nackenschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Müdigkeit. Da die Kopfhaut bis weit in den Nacken reicht, sollte man zusätzlich darauf achten, dass auch der Nacken bedeckt ist.
Tipps bei Sonnenstich
Viele Tourengeher verzichten auf den Nackenschutz, weil man bei gutem Wetter leicht ins Schwitzen gerät, aus gesundheitlichen Aspekten ist das aber nicht zu empfehlen. „Wir hatten einmal einen Gast, der wegen den Symptomen eines schweren Sonnenstichs vom Notarzt ausgeflogen werden musste“, erinnert sich Martin. In so einem Fall hilft auch nur, in den Schatten gehen und viel trinken und warten, bis die Symptome vorbei gehen, was aber einige Tage dauern kann, je nach Schwere der Reizung.
Der letzte Punkt, an den man in der Höhe denken muss, ist noch die Kälte. Im Gebirge kann es eisig werden, auch wenn die Sonne scheint. Wer also vor hat, früh loszugehen oder mehrere Tage bei einer Höhentour unterwegs zu sein, sollte warme Socken, Handschuhe und auch einen Schal mit Gesichtsschutz nicht vergessen. Einige Bergführer haben sogar Heizsocken, wenn sie wissen, dass es nachts extrem frostig wird.
Es gibt fast nichts Schöneres, als die höchsten Gipfel der Alpen zu genießen, sofern man die Höhe nicht unterschätzt.
Unser Experte zum Thema
Name: Martin Schmidt
Alter: 38 Jahre
Ausbildung: Staatl. Geprägt. Berg- & Skiführer
Funktion: Mitglied im Lehrteam des VDBS - Bergführerausbilder, Mitglied im Bundeslehrteam Bergsteigen des DAV