Im alpinen Skisport ist gewissenhafter Sonnenschutz aufgrund der Höhenlage und starken Strahlenreflexion im Schnee hochrelevant. Und wenn ab Mitte Februar mit steigenden Temperaturen und höherem Sonnenstand die Sturmhauben aus den Gesichtern weichen, die Ärmel nach oben geschoben und Sonnenbadende freizügiger werden, steigen auch die Sonnenbrand-Inzidenzen steil nach oben. Das Tückische daran ist die Nachhaltigkeit. Auch unspektakuläre Hautrötungen (Erytheme) hinterlassen Spuren, die sich oft Jahre später schwerwiegend bemerkbar machen.
Zweischneidiges Strahlenschwert
Das Sonnenlicht enthält neben dem sichtbaren Wellenlängenbereich (400–780 nm) auch für uns unsichtbare ultraviolette (UV) Strahlung. Wegen unterschiedlicher Hauteindringtiefe und biologischer Wirkung wird dieser UV-Sektor in die Bereiche A, B und C untergliedert.
Wegen der geringen Eindringtiefe kann UV-Licht zwar „nur“ in der Haut direkte Schäden auslösen. Aber die haben es in sich. UV-Strahlen werden nur von bestimmten Strukturen (UV-Chromophoren) absorbiert. Leider handelt es sich dabei ausgerechnet um Proteine und DNA, also jene Strukturen, die unsere Chromosomen (unser verpacktes Erbmaterial) bilden. DNA-Schäden, die von der körpereigenen Reparatur nicht beseitigt werden, sind die Ursache von Hautkrebs. Grundsätzlich sind alle UV-Bereiche gefährlich. Das besonders tückische UV-C wird weitestgehend von der atmosphärischen Ozonschicht abgefangen, sodass es auch auf hoch gelegene Skipisten nicht vordringt. Bleiben UV-A und -B. Und da gibt es eine Zwickmühle. UVB ist nämlich keineswegs nur dermale Bedrohung, sondern unverzichtbarer Energielieferant für die körpereigene Produktion von Vitamin D, das für den Kalziumeinbau in die Knochen benötigt wird. Die Lösung dieser ambivalenten UV-B-Wirkung liegt in der richtigen Dosis. In einem mitteleuropäischen Flachlandsommer (UV-Index 8–9) ist für eine suffiziente Vitamin-D-Synthese die tägliche Präsentation der ungeschützten (nicht eingecremten) Haut von Gesicht und Unterarmen für (je nach Hauttyp) 10 bis 15 Minuten ausreichend. Damit wird ein ausreichender D-Vorrat gebildet, um auch über die dunklen Wintermonate zu kommen. Durch die hohen UV-Intensitäten (Index 11+) auf der Skipiste würde dort die Präsentation kleiner unbedeckter Gesichtsareale genügen, um die Vitamin-D-Produktion kräftig anzukurbeln. Allerdings können hier 15 ungeschützte Minuten schon zu Erythemen und Sonnenbränden führen. Das Risiko sollte man nicht eingehen.
Achtung! Unser Sonnenkonto vergisst nichts
Der Wunsch, seiner winterblassen Haut im Skiurlaub einen braunen Teint angedeihen zu lassen, ist nachvollziehbar. Doch die sprichwörtlich „gesunde Gesichtsbräune“ ist mit Vorsicht zu genießen, insbesondere wenn zugunsten schneller Bräunung mal auf das Eincremen verzichtet bzw. beim Lichtschutzfaktor „untertrieben“ wird. Noch immer gibt es zu viele Pistencracks, die das Wärmeempfinden als Index für die Notwendigkeit des Auftragens von Sonnencreme benutzen. Eine gefährliche Einstellung, die sich besonders bei kühlem, wolkenlosem Hochdruckwetter rächen kann. Der kalte Fahrtwind betäubt die Hautsensibilität für den Sonneneinfall. Das aber ist „brandgefährlich“, denn selbst undramatisch empfundene Hautrötungen wirken nach. Jeder Mensch verfügt über sein individuelles „Sonnenzeitkonto“, auf das zeitlebens jede UV-Absorption durch die Haut aufläuft. Wird dieses Konto überzogen, droht die Entstehung von Hautkrebs, der sich oft erst nach Jahr(zehnt)en vielgestaltig präsentieren kann.Schwarz oder weiß - Beim Hautkrebs hört der Skispaß auf
Grob lassen sich zwei Formen von Hautkrebs unterscheiden – der schwarze und der weiße. Das Tückische an der schwarzen Variante, dem „malignen Melanom“ ist, dass einige wenige, irgendwann im Laufe des Lebens erlittene Sonnenbrände ausreichen, um diese bösartige Entartung pigmentbildender Zellen zu provozieren. Häufig entwickeln sich Melanome aus vorhandenen Pigmentmalen (Leberflecke, Muttermale). Ein hohes Streupotenzial über die Blut- und Lymphbahn machen diesen Krebs zu einer der gefährlichsten Tumorerkrankungen. Dabei betreffen diese Entartungen nicht nur sonnenexponierte Areale. Auch Schleimhäute, etwa von Stirn, Kiefer oder Nasenneben höhlen, können betroffen sein. Kaum eine andere Krebsart verzeichnet in den letzten Jahren eine derart beunruhigende Zunahme wie das maligne Melanom.
Beim weißen Hautkrebs handelt es sich um die typische „Sonnenanbetervariante“. Das jede UV-Absorption akkumulierende „Sonnenzeitkonto“ kommt voll zum Tragen. Bei Überziehung können sich auch ohne vorherigen Sonnenbrand Hautzellentartungen an allen sonnenexponierten Stellen entwickeln. Welche Form des weißen Hautkrebses entsteht, ist von der Art der Sonnenexposition abhängig. Dem „Basalzellkarzinom“ liegen oft Hochdosisbestrahlungen – etwa beim ungeschützten Gletscherskilauf – zugrunde. Dagegen sind für „aktinischen Keratosen“ und „Plattenepithelkarzinome“ lange Sonnenexpositionszeiten auch ohne Sonnenbrand ursächlich. Daher ist im Schnee auch bei geschlossener Wolkendecke das Eincremen so wichtig. Besonders sensibel sind die sogenannten Sonnenterrassen. Das sind voll der Sonnenbestrahlung ausgelieferte Hautareale – beim Skifahren die prominenten Gesichtspartien von Stirn, Nasenrücken, Jochbeinbögen, die Nackenregion sowie bei fehlender Kopfbedeckung zudem Kopfhaut und Ohrläppchen. Auch bei bedecktem Himmel belädt ein ungeschützter Tag im Schnee das Sonnenzeitkonto über Gebühr.
Vor all diesen Krebsformen seien ausdrücklich auch jene stärker pigmentierten Hauttypen gewarnt, die sich mit einer „Ich bekomme nie einen Sonnenbrand“-Überzeugung keiner Gefahr bewusst sind. Nochmals zur Betonung: Ein Sonnenbrand ist keine Voraussetzung für viele Hautkrebsformen!
Gut geschützt
Grundsätzlich ist zwischen textilem und chemisch/mineralischem Hautschutz zu unterscheiden. Bei der Stoff-Variante ist zu beachten, dass unterschiedliche Materialien in der UV-Durchlässigkeit variieren. Die getragene Sturmhaube garantiert nicht per se ausreichend Schutz. Zudem verliert ein nasser Stoff bis zur Hälfte seines UV-Schutzes. Bei Sonnenmilch/-creme spielt neben der individuellen Hautverträglichkeit der an den eigenen Hauttyp angepasste Lichtschutzfaktor (LSF) die entscheidende Rolle. Die besonderen Bedingungen beim Skifahren machen auch für weniger empfindliche dunkleren Hauttypen niedriger LSF-Werte ungeeignet. Je nach Höhenlage und Bedingungen sollten LSF-Werte von 30 bis 50+ nicht unterschritten werden.
Der Lichtschutzfaktor (LSF) gibt an, um welchen Faktor, sich der individuelle Eigenschutz der Haut (die sonnenbrandfreie Expositionsdauer) durch Auftragen eines Sonnenschutzmittels ungefähr (!) erhöht. Auch sogenannte „Sunblocker“ mit LSF 50+ bewirken keine 100%ige Strahlenbarriere.
Chemisch oder mineralisch?
Bei Sonnenschutzmitteln werden zwei Wirkprinzipien unterschieden. Chemische UV-Filter enthalten organische Verbindungen, die in die Haut eindringen, UV-Strahlen bestimmter Wellenlängen (UV-A, UV-B) absorbieren und durch Umwandlung in Wärme unschädlich machen. Mittel mit chemischen Filtern punkten durch ihre anwendungsfreundliche Textur. Zu beachten sind der verzögerte Wirkungseintritt (mindestens 20 Minuten vor der Exposition auftragen!) sowie das Allergie-Potenzial. Zudem stehen einige chemischen Filter wie Octocrylen, Butyl-Methoxydibenzolmethan und Ethylhexyl-Methoxycinnamat im Verdacht, hormonartig zu wirken. Es lohnt der Blick auf die Inhaltsstoffe.
Mineralische Filter enthalten winzige Pigmentpartikel (Titandioxid, Zinkoxid), die auf der Haut wie kleine Spiegel die Strahlen reflektieren. Zur Verbesserung der Auftrageeigenschaften bestehen die neuesten mineralische UV-Filter aus Nanopartikeln. Die Vorteile mineralischer Filter liegen im sofortigen Wirkungseintritt, ihrer Stabilität sowie dem niedrigen Allergierisiko. Probleme betreffen die Textur. Für Lichtschutz über LSF 20 ist ein hoher Mikropigmentanteil erforderlich, der das Verteilen erschwert und oft einen weißen Film auf der Haut hinterlässt. Zudem sind Nanopartikel hinsichtlich gesundheitlicher Unbedenklichkeit noch nicht hinreichend untersucht. In vielen Produkten sind mineralische und chemische Filter kombiniert, um die Vorteile beider zu nutzen.
A plus B und viel davon
Neben individueller Hautverträglichkeit muss ein pistentaugliches Sonnenschutzmittel einen UV-B- und einen am EU-Siegel erkennbaren UV-A-Filter enthalten. Die LSF-Angabe bezieht sich auf den UV-B-Filter. Der UV-A-Filter ist stets etwas schwächer. Beim Eincremen ist Sparsamkeit fehl am Platz. Zwei Milligramm pro Quadratzentimeter Haut lautet die offizielle „Schmierempfehlung“. Für das Gesicht sollte es mindestens ein Teelöffel Creme sein, um den angegebenen Schutzfaktor zu erreichen. Prinzipiell sind Creme, Lotion und Spray gleich wirksam. Erfahrungsgemäß dosieren Sprayer jedoch oft zu niedrig. Noch ein Hinweis für die Damen: Sonnencreme immer vor anderen Kosmetika auftragen und einziehen lassen!
Vorbräunen im Solarium? Besser nicht!
Vor dem Skiurlaub schon mal ein wenig vorbräunen? Der Mythos, Solariumbräune würde den Sonnenschutz erhöhen, hält sich hartnäckig. Doch die künstliche UV-Bestrahlung schadet weit mehr, als sie nützt, und befüllt das Sonnenzeitkonto unnötig. Die Schutzwirkung durch den Bräunungsgrad wird massiv überschätzt, da der Eigenschutz der Haut in erster Linie von der sogenannten „Lichtschwiele“ bestimmt wird, einer sich bei UV-B-Exposition langsam entwickelnden Verdickung der oberen Hautschicht. Solarien aber emittieren schnellbräunendes UV-A. Dieses regt weder die Lichtschwielen noch die Vitamin-D-Bildung an.
Eigenverantwortung - Die ABCDE-Regel
Gerade im Skisport ist ein hohes Maß an Eigenverantwortung gefragt. Jeder ungewöhnlichen Hautpigmentierung, Veränderung von Hautmalen in Größe, Form oder Farbe ist Beachtung zu schenken. Für die regelmäßige Selbstkontrolle von Hautmalen empfiehlt sich die Anwendung der ABCDE-Regel: A(symmetrie): Formveränderungen, B(egrenzung): keine klare Abgrenzbarkeit, C(olor): Farbveränderungen, D(urchmesser): kritische Größe 5 mm, E(rhabenheit): Dicken und Volumenzunahme. Trifft nur einer dieser Punkte auf ein Hautmal zu, ab zum Dermatologen! Im Frühstadium (!) ist fast jeder Hautkrebs heilbar. Nichtsdestotrotz gilt: Nirgends ist das „Vorbeugen ist besser als Heilen“-Prinzip sinnvoller anzuwenden als beim Hautschutz. Damit aus der Skilust kein Hautfrust wird, schenkt eurem größten Körperorgan besondere Fürsorge und denkt bei jedem Wetter an guten Sonnenschutz auf der Piste!
Umfrage unter 17.000 Personen aus 17 Ländern
- 73 % halten Bräune für gesund – FALSCH!
- 24 % halten es für sicher, ohne oder mit vermindertem Sonnenschutz ins Freie zu gehen, wenn die Haut bereits gebräunt ist – FALSCH!
- 44 % glauben, dass bei bewölktem Wetter kein/weniger Sonnenschutz erforderlich ist – FALSCH!
Vorsicht mit alter Sonnencreme
Sonnenschutzmittel verlieren mit der Zeit ihre Wirksamkeit. Zudem sollten vor allem Produkte mit dem UV-Filter Octocrylen, wenn überhaupt, nicht länger als eine Saison genutzt werden. Nach Untersuchungen an der Pariser Sorbonne zerfällt Octocrylen mit der Zeit zu möglicherweise krebserregendem Benzophenon.
UV-Index
UV-Index (1 bis 11+): Kennzahl für die Stärke der sonnenbrandwirksamen UV-Strahlung. Pro 1.000 Höhenmeter steigt die UV-Belastung um 10 bis 20 %!