Egal ob im Berufsleben oder in unserer Freizeit – wir sind umgeben von Hightech-Produkten, die unser Leben bequemer und sicherer machen. Oftmals haben wir uns an sie so sehr gewöhnt, dass wir gar nicht mehr erkennen, wie viel akribische und detailverliebte Entwicklungsarbeit und technisches Know-how dahintersteckt. Das gilt im Ski-Bereich vor allem für die Skibindung, die das Sicherheitstool schlechthin und maßgeblich verantwortlich für unsere Kontrolle über unsere Skier ist, aber trotzdem meist ein absolutes Schattendasein fristet. Denn Hand aufs Herz: Haben Sie sich beim Skikauf jemals Gedanken über die Skibindung gemacht oder beim bequemen morgendlichen Einrasten der Skischuhe gedacht: „Wow, was für ein starkes Stück Technik so eine Skibindung doch ist“?
Verletzungen beim Skisport durch schlechte Skibindungen
Eine große Rolle bei der Entwicklung der Skibindungstechnologie hat der Skilehrer und Sportjournalist Hannes Marker aus Garmisch-Partenkirchen gespielt. Die von ihm 1952 gegründete Firma Marker, hat mit ihren innovativen Produkten die Entwicklung des modernen Skifahrens maßgeblich vorangetrieben und geprägt. „Wir sind stolz auf die 70-jährige Erfolgsgeschichte von Marker. Es ist beeindruckend, wie groß der Einfluss der damaligen Erfindung von Hannes Marker bis heute in der Skibranche ist“, sagt Jonathan Wiant, Elevate Outdoor Collective/President Völkl, Marker Dalbello Sports. Da lohnt eine kleine Zeitreise ...
Technischer Fortschritt entsteht durch Know-how, gepaart mit einer riesigen Portion Innovationsgeist. So war es auch bei Hannes Marker. Anfang der 50er-Jahre steckte der alpine Wintersport, wie wir ihn heute kennen, noch in den Kinderschuhen. Der Skilehrer beobachtete, dass sich seine Schüler bei ihren ersten Fahrversuchen auf der Piste oft Verletzungen zuzogen, die nicht selten auf die zur damaligen Zeit geradezu vorsintflutliche Ausrüstung zurückzuführen waren. Marker beschließt, etwas dagegen zu unternehmen.
Fünf Millionen Skibindungen
Dem technisch versierten Tüftler gelingt es schließlich, einen Automaten zu entwickeln, der den Fuß vom Ski löst, sobald die Belastung auf die Knochen zu groß wird. Mit dieser Erfindung leitet der Garmischer eine neue Ära im Skisport ein. 1952 präsentiert Hannes Marker auf der Sportartikelmesse in Wiesbaden auf drei Quadratmeter Ausstellungsfläche und einem Stuhl die erste Sicherheitsbindung der Welt mit auslösendem Vorderbacken: die Marker Duplex. Noch im gleichen Jahr gründet er die Firma Marker mit Sitz in Garmisch-Partenkirchen – der Beginn einer einmaligen Erfolgsgeschichte.
1956 holt die Deutsche Ossi Reichert die erste olympische Goldmedaille in einer Marker-Bindung. Mehr als fünf Millionen „Duplex“ werden in der Folge verkauft. Hannes Marker ruht sich aber nicht auf seinen technischen Erfolgen aus. Er legt immer neue Entwicklungen nach. So erhält Marker in den 60er-Jahren – als das Skifahren zum Massensport wird – sein erstes TÜV-Zertifikat.
Neue Skibindungen für Amateure und Profis
Im gleichen Jahrzehnt führte Marker unter dem Slogan „Stürze sind unvermeidbar, Verletzungen minimierbar“ die beiden aufsehenerregenden Bindungen „Telemat“ und „Rotamat“ in den Markt ein, die das Skifahren dank Fersenautomatik und Springschlossprinzip noch sicherer machten.
In den 1970er-Jahren revolutioniert die erschwingliche M-Serie mit automatischer Fersenauslösung den Bindungsmarkt. Der „M4 Vorderbacken“ ist das erste Modell, das sowohl im Rennlauf als auch für Amateure zum Einsatz kommt. In Kombination mit dem „M44 Fersenautomat“ markiert diese neue viergelenkige Bindung erneut einen Meilenstein im alpinen Skisport.
Skilegenden fahren Marker-Skibindungen
Neben Hobby-Skifahrern setzen aber vor allem auch Profis wie Franz Klammer, Phil Mahre und Ingemar Stenmark auf Marker-Bindungen und schaffen somit immer mehr Präsenz für das Unternehmen. Ein legendäres Jahr ist 1983: In dieser alpinen Weltcup-Saison werden acht von zehn Kristallkugeln auf Marker-Skibindungen gewonnen; Marker-Athleten fuhren 35 Siege ein.
Die enge Kooperation mit Spitzenathleten gehört bis heute zur DNA des Penzbergers Traditionsherstellers. So zählen heute – neben vielen anderen – Ausnahmefahrer wie der neuseeländische Weltcup-Shootingstar Alice Robinson, der italienische Freestyler Markus Eder oder der Norweger Sebastian Foss Solevåg, der beim olympischen Slalom in Yanqing die Bronzemedaille gewonnen hat, zum Marker-Team.
Marker erobert die Freeride- und Skitouring-Welt
Getreu dem Slogan „Rule the Mountain“ – „Erobere den Berg “ – hat sich Marker auch auf die Weiterentwicklung der Bindungstechnik im Freeride-, Freestyle und Touring-Bereich fokussiert. 2007 stellt die deutsche Schmiede mit der mehrfach ausgezeichneten „Duke“ die erste echte Freeride-Bindung vor. Mit der Einführung weiterer Modelle wie der „Griffon“ oder der „Squire“ präsentiert Marker die „Royal Family“, die einen neuen Standard im Freeride- und Freestyle-Segment definiert.
Drei Jahre später werden dann auch die ersten Tourenbindungen vorgestellt, die „Tour F12“ und „Tour F10“, die dank neuer Technologie leichtes Gewicht mit Aufstiegskomfort vereinen. „Genau wie bei den Racing-Produkten arbeiten wir bei Freeride-Bindungen intensiv mit unseren Athleten zusammen, berücksichtigen in der Entwicklung ihre Ideen und analysieren permanent die Produkte, die bereits verwendet werden“, erläutert Michael Mangold, Marker Head of R&D/OEM Bindings, Racing Director, das Zusammenspiel zwischen Entwicklungsteam und Fahrern.
Die Königin der Freeride-Bindungen
2020 stellt Marker mit der weltweit ersten voll einstellbaren Hybrid-Freeride-Bindung, der „Duke PT“ (Pin Technology), einen Mix aus Pisten- und Pin-Bindung, vor – eine Neuheit, die die Leser mit dem SKIMAGAZIN-Innovationspreis 2020/21 in der Kategorie „Hardware Freeride & Tour“ belohnen.
Das Modell verbindet die Abfahrtsperformance einer Alpinbindung mit den Aufstiegseigenschaften eines Pin-Modells. Keine andere Bindung vermag es bisher, die Bereiche Touring und Freeride so perfekt zu vereinen.
Mit Sicherheit nachhaltige Skibindungen
Für Marker, seit 2013 nicht nur mit Skibindungen, sondern auch mit Skihelmen, Skibrillen und Protektoren auf dem Markt, wird auch künftig mit einer stetigen Weiterentwicklung der Technik das Thema Sicherheit im Skisport konsequent im Fokus stehen. Die Entwicklungsabteilung der Penzberger umfasst inklusive Prüflabor 16 Mitarbeiter. Jede Neuheit muss aufwendige Testphasen durchlaufen, bei denen sie auch intensiv von Athleten am Berg gecheckt wird, um höchste Sicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten. „Bei allen Produktentwicklungen arbeiten wir mit externen, spezialisierten Testern, um Funktionalität und Leistung zu überprüfen“, erklärt Michael Mangold.
Auch Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind wichtige Themen in der Firmenphilosophie. „Wir sind verantwortlich – für unsere Umwelt, für die Menschen und für ein nachhaltiges Miteinander auf diesem wunderbaren Planeten“, betont Jonathan Wiant. Die Rohstoffe der Bindungen werden zu 100 Prozent aus dem europäischen Wirtschaftsraum bezogen. Die Lieferanten werden dazu angehalten, sich nach der Umweltnorm 14001 zertifizieren zu lassen und an die entsprechenden Richtlinien zu halten.
Recycelte Skibindungen
Darüber hinaus spielt Recycling in der Produktion eine große Rolle. So findet zum Beispiel recycelter Stahl in der Produktion Anwendung. Sortenreine obsolete Kunststoffreste werden – wenn möglich – wieder eingemahlen und wiederverwendet.
Ausruhen auf der eigenen Geschichte gibt es bei Marker auch heute nicht. Nach 70 Jahren ist Innovationsführerschaft weiterhin das erklärte Markenziel. „Sport ist permanent im Wandel, deshalb wollen wir mit innovativen Produkten unsere Kunden begeistern“, sagt Mangold. „Wir sind nah am Markt und können so auf veränderte Bedürfnisse und Trends schnell reagieren. Wir sind selbst User!“, ergänzt Jonathan Wiant. So lebt der Pioniergeist von Hannes Marker, der 2018 seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, weiter. „Er war ein echter Innovationstreiber und Erfinder“, so Wiant. „Die Massenproduktion von Einheitsprodukten hat ihn nie interessiert. Diese Philosophie leben wir heute noch.“ Wir sind gespannt, welche Entwicklungen uns in Zukunft noch erwarten …
Meilensteine
1952: Hannes Marker erfindet die erste Sicherheits-Skibindung der Welt mit auslösendem Vorderbacken, die Marker Duplex. Gründung der Firma Marker mit Sitz im oberbayerischen Garmisch-Partenkirchen.
1953: Das Nachfolgemodell Marker Simplex fängt seitliche Stöße elastisch ab und macht das Skifahren noch komfortabler.
1960er: Marker erhält erstes TÜV-Zertifikat
1965: Die neue Rotamat mit Simplex-System macht das Skifahren dank Fersenautomatik und Springschlossprinzip noch sicherer.
1972/73: Der M4 Vorderbacken ist das erste Modell, das sowohl im Rennlauf als auch für Amateure zum Einsatz kommt. In Kombination mit dem M44 Fersenautomat markiert diese neue viergelenkige Bindung den Beginn einer neuen Ära im alpinen Skisport.
1979/80: Das „M4-15 Drehteller Rotamat S“-Set, eine Kombination aus dem 4-Gelenk-Bindungskopf und dem Rotamat-Fersenteil revolutioniert den Bindungsmarkt und beschert den Athleten, die Marker fahren, bei den olympischen Spielen in Lake Placid eine wahre Medaillen-Flut.
1992/93: Bei der neuen M1 SC kann der Fahrer durch bloßes Umlegen eines Hebels vor dem Bindungskopf das Flexverhalten des Skis beeinflussen – hart, mittel, weich –, d. h., bei eisigen Verhältnissen wurde hart gewählt, und je weicher die Schneeverhältnisse waren, desto weniger wurde der Ski unter der Bindung versteift.
2001/02: Die „Piston Control“-Technologie bietet eine revolutionäre Innovation: Ein Öl-Hydraulik-Dämpfer sorgt selbst bei schwierigsten Bedingungen für extreme Laufruhe und optimales Steuerverhalten. Diese patentierte Dämpfung aus der Saison 2001 wurde in den letzten 20 Jahren weiterentwickelt und wird von den Firmen Völkl, Blizzard, Nordica und K2 bei ihren absoluten Top-Ski und im Rennsport eingesetzt.
2008: Marker stellt The Duke vor, die erste echte Freeride-Bindung, die eine Revolution auf dem Freeride-Markt ist.
2010: Marker präsentiert die ersten Tourenbindungen, die Tour F12 und Tour F10, und vereint dabei leichtes Gewicht mit Aufstiegskomfort.
2015: Marker präsentiert die Kingpin-Tourenbindung mit fest stehendem und stabilem Fersenautomat.
2020: Entwicklung der weltweit ersten Hybridbindung, der Duke PT (Pin Technology), die Top-Abfahrts-Performance mit der Pin-Technologie für einen leichten Aufstieg kombiniert.