Kurz, prägnant und weltberühmt – BOA. Neben der größten Schlange der Welt heißt so auch seit über 20 Jahren ein revolutionäres Verschluss-System, das nun auch die Skiwelt erobert. Wir haben mit dem Europa-Geschäftsführer der Firma BOA Technology, Alois Badegruber, über das sogenannte BOA® Fit System gesprochen.
SKIMAGAZIN: Hallo, Alois, kurz zu dir: Seit wann bist du bei BOA Technology? Ihr seid ja ein amerikanisches Unternehmen, sitzt aber auch im schönen Mondsee.
Alois Badegruber: Ich habe vor zehn Jahren die Europa-Niederlassung nahe Salzburg mit unserem Firmengründer Gary Hammerslag aufgebaut und die Strukturen für den europäischen Markt als Geschäftsführer EMEA und Vice President Commercial Global entwickelt. Wir waren noch sehr klein in Europa, sind stetig gewachsen und haben nun ein Team von 44 Leuten, mit dem wir unter anderem den Alpin-Bereich global betreuen, weil hier bei uns in Europa die meisten Partnerfirmen sitzen.
Wie ist die ursprüngliche Idee des revolutionären BOA Fit Systems aufgekommen?
Gary ist passionierter Snowboarder und war vom herkömmlichen Schnürsystem der Snowboardboots frustriert. Er hatte aber auch direkt im Hinterkopf, etwas zu entwickeln, was man in vielen Bereichen, beispielsweise bei Rad- und Outdoor-Schuhen, verwenden kann.
Jetzt können wir uns über das System bei Alpin-Boots freuen. Warum erst jetzt?
(lacht) Gute Frage, denn die überlappende Konstruktion der meisten Alpinschuhe ist wie geschaffen dafür, durch ein Seil zusammengezogen zu werden – genau das ist die Funktionsweise unseres Systems. In anderen Segmenten arbeiten wir intensiv erst daran, die Konstruktion der Schuhe so zu verändern, dass es dort diesen Überlappungseffekt gibt. Der Skischuh hat ihn schon. Die Challenge war, dass die Kräfte ganz anders sind. Wir mussten unser BOA Fit System so weiterentwickeln, dass es ein Vielfaches mehr aushält als etwa bei Snowboardboots, bei denen viel weichere Materialien verwendet werden.
Wie lange hat der Entwicklungsprozess bis zur Markteinführung gedauert?
Wir haben 2017 mit der Idee begonnen. Benni Raich hat uns von Anfang an als Berater zur Seite gestanden. Wir haben seine Skischuhe mit unseren Snowboard-Drehverschlüssen umgerüstet, er hat sie getestet. Die große Frage war damals: Funktioniert das so einfach? Benötigen wir zwei oder gar vier Drehverschlüsse, also so viele wie Schnallen? Halten die Stahlseile den Belastungen stand? Wir haben geschaut, ob es einen Benefit gibt und wie der Halt ist, den wir damit erzielen. Die Ergebnisse haben uns direkt zuversichtlich gestimmt und gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Die Testphase hat noch ein, zwei Jahre gedauert, dann kannten wir die Kräfte und hatten Lösungen. Unser CEO in Denver, Shawn Neville, hat dann das finale „Go“ gegeben, sodass wir jetzt auf den Markt kommen können.
Wie war denn die Reaktion der Skifirmen?
Wir gehen grundsätzlich zuerst zu Firmen, mit denen wir schon eine Partnerschaft haben. K2 ist ein ganz langjähriger Partner, einer der ersten im Snowboardbereich. Salomon auch: jahrelanger Snowboardkunde, gute Zusammenarbeit, schon ein Skischuhprojekt im Tourenbereich am Markt. Ähnlich war es bei Atomic und Fischer. Unser Ziel ist es, stets mit vielen Herstellern zu arbeiten, weil Exklusivität uns nicht weiterbringt. Also haben wir die Idee allen namhaften Marken präsentiert. Einige waren direkt sehr interessiert und sind sofort aufgesprungen, bei bestehenden Partnern war das keine Diskussion. Andere wollten sich das erst einmal anschauen und waren etwas zurückhaltender.
Die Zahl der Firmen wird aber steigen?
Ja! Nächstes Jahr kommen Partner hinzu, und die bestehenden bauen ihr Portfolio aus. Die Anzahl der Modelle mit BOA wächst stetig.
Wie genau sieht der Benefit des Systems für uns Skifahrer aus?
Man hat eine millimetergenaue Passform, weil Schuh und Schale den Fuß besser umschließen. Schnallen erzeugen Druck auf den Rist, durch BOA sitzt der Schuh enger am Fuß. Das sorgt für bessere Kraftübertragung, man kann schneller und kontrollierter auf die Kante. Wissenschaftliche Studien belegen unsere These, dass man die Edge-to-Edge-Time, die Zeit von Kante zu Kante, reduzieren kann, und auch, dass die Kraftübertragung höher ist.
Für wen eignet sich dieses System besonders? Eher sportliche Fahrer?
Ja, Ziel war es, den ambitionierten Skifahrer zu bedienen, der bisher mit einem sportlichen Schuh mit 120er-, 130er-Flex und Overlay Construction mit vier Schnallen unterwegs ist. Inzwischen wissen wir aber, dass unser System auch im Rennlauf funktioniert.
Das BOA Fit System ist relativ selbsterklärend. Wie stellt ihr sicher, dass sich der Drehverschluss nicht etwa bei schnellen Highspeed-Schwüngen etwas öffnet?
Der Verschluss ist selbst arretierend. Das Seil wird pro Klick einen Millimeter eingezogen und ist direkt fest. Man öffnet den Drehverschluss, indem man ihn homogen hochzieht. Es ist ein Sicherheitsmechanismus. Man kann auch etwas zurückdrehen, etwa am Lift.
Kann das System auch kaputtgehen, etwa der Drehverschluss abbrechen?
Das BOA Fit System besteht aus einem Drehverschluss, extrem belastbaren Seilen sowie reibungsarmen Seilführungen. Das Ganze sitzt auf einen Bajonettverschluss und ist so mit der Skischuhschale verbunden. Wenn man beispielsweise ungestüm seitlich auf eine Treppenstufe steigt, kann man es sich schon abschlagen. Es springt aber nur heraus und kann wieder hineingedrückt werden. Benötigt man ein Ersatzteil, kann man es kostenlos auf unserer Website bestellen. Zudem statten wir gut 1.000 Händler in Europa mit Ersatzteil-Kits aus, bei denen man sofort versorgt wird. Dieser Service ist bei all unseren Segmenten gratis.
Noch ein Rat für unsere Leser bezüglich BOA?
Einfach ausprobieren! Ich bin überzeugt, dass die gesteigerte Passform die meisten Skifahrer überzeugen wird. Das Feedback von Profis wie Benni Raich spricht Bände.
Vielen Dank für das Gespräch!
Das ist BOA
BOA wurde 2001 vom US-Amerikaner Gary Hammerslag gegründet, das BOA® Fit System kurz darauf geboren. Intuitiv in der Anwendung, sorgt es für eine fein einstellbare Passform. Mit K2 und Vans wurde der erste Snowboardboot mit BOA präsentiert. Heute hat die Brand rund 300 Markenpartner, das System wird in Millionen Stiefeln, Helmen, Lauf-, Rad- und Arbeitsschuhen weltweit verwendet. Unser Interviewpartner Alois Badegruber (r. neben Ski-Ikone und Testpilot Benni Raich) ist Europa-Geschäftsführer.